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Weg mit dem rassistischen Gutscheinsystem!
Menschen mit prekärem Aufenthaltsstatus also AsylbewerberInnen, AusländerInnen
mit Duldung, ausreisepflichtige AusländerInnen sowie in einigen Fällen auch AusländerInnen
mit Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erhalten in Deutschland die ihnen
zustehenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Diese Leistungen liegen zumindest in den ersten
vier Jahren des Aufenthalts etwa 35% unter dem Niveau der Sozialhilfe (Existenzminimum bei Arbeitlosengeld II)
und werden in Niedersachsen von ca. 40 130 Euro abgesehen nicht als Geldleistungen sondern in Form spezieller
Wertgutscheine erbracht. (Die Korrekturen beziehen sich auf die Änderungen durch das BVerfG-Urteil vom 18.7.2012; der vorligende Text wird bald vollständig überarbeitet.)
Für diese Gutscheine können nur bestimmte Produkte in einzelnen
Läden gekauft werden: Im wesentlichen Lebensmittel,
Kleidung und Hausrat von geringem Anschaffungswert. Viele
alltägliche Dinge wie Busfahrkarten, Briefmarken oder ausländische
Presse können nicht mit Gutschein bezahlt werden, genauso wie
alkoholische Getränke, Zigaretten, Medikamente, Eintrittskarten
für Schwimmbad oder Kino, die Telefonrechnung oder auch die für
das Asylverfahren und die Sicherung des Aufenthaltes von
MigrantInnen unverzichtbare Inanspruchnahme eineR RechtsanwältIn.
Auch sind die
Gutscheine nur regional gültig und besitzen einen
eingeschränkten Gültigkeitszeitraum, das heißt sie verfallen nach einigen Monaten.
Zudem wird wenn überhaupt nur maximal 10% Wechselgeld ausgezahlt.
Die Gutscheinpraxis bedeutet für die Betroffenen
Bevormundung und Demütigung, sowie die an jeder Kasse sichtbare
Abstempelung als unerwünschte Person. Die Ausgabe von Gutscheinen
dient dazu, das Leben der MigrantInnen zusätzlich zu erschweren
und ihnen deutlich zu machen, nicht willkommen zu sein sie werden bei jedem Einkauf
bezüglich ihrer gesellschaftlichen Stellung stigmatisiert.
Nach den neuen Sozialhilferegelungen (Harz IV) sind Gutscheinsysteme in bestimmten Fällen
auch für Deutsche vorgesehen - allerdings immer nur als eine Sanktionierungsmaßnahme. Flüchtlinge
hingegen bekommen Wertgutscheine unabhängig von ihrem Verhalten. Nicht nur deswegen handelt es
sich beim Gutscheinsystem für Flüchtlinge um ein rassistisches System der Demütigung. Es ist somit
menschenunwürdig und muß abgeschafft werden.
In Göttingen ist die Firma Sodexho Pass GmbH mit der Abwicklung des
Wertgutscheinsystems beauftragt. Ihr Mutterkonzern ist die in Frankeich
ansässige und weltweit hauptsächlich im Bereich der Gebäudebewirtschaftung
und Gemeinschaftsverpflegung operierende Sodexho Alliance. Neben dem
Catering in Schulen und Universitäten, in Krankenhäusern und bei
Großveranstaltungen ist Sodexho beim Betrieb von Knästen, Abschiebelagern
und Militäreinrichtungen beteiligt.
Selbstverständlich stellt Sodexho Pass die Wertgutscheine nicht kostenlos
zur Verfügung, sondern erhebt Gebühren, die teils von der Kommune teils von
den beteiligten Geschäften getragen werden. Hinzu kommt ein mit den Gutscheinen
verbundener bürokratischen Aufwand und für die Geschäfte ein erheblich
verspäteter Geldeingang. Es ist leicht nachvollziehbar, dass die Ausgabe
von Bargeld einfacher und auch kostengünstiger als die Ausgabe von
Wertgutscheinen wäre. Offentsichtlich ist hier veschiedenen Seiten daran
gelegen unter erheblichem Aufwand Menschen herabzuwürdigen.
Von Seiten des Bundesgesetzgebers (Asylbewerberleistungsgesetz §3)
ist es durchaus möglich
Bargeld statt Gutscheine auszuzahlen. In Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt,
Bremen, Hamburg und Berlin wird Bargeld ausgegeben, mit wenigen Ausnahmen auch
in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Allerdings sind auch
noch restriktivere Handhabungen als hier in Göttingen
möglich: So werden vielerorts Chipkartensysteme praktiziert. Wieder andere Kommunen
betreiben gar Sonderläden oder bieten Kantienverpflegung an. Teilweise ist auch
die Ausgabe von Essenspaketen oder folienverpackter Fertigmenus vorgesehen.
Um sich in Göttingen gegen die durch die Gutscheinpraxis geschaffenen Probleme zur
Wehr zu setzen, wird seit Jahren ein antirassistischer Gutscheinumtausch organisiert.
Dazu trifft sich die Gutscheingruppe zweimal im Monat mit Betroffenen
um Gutscheine in Bargeld zu wechseln. Mitsamt einer Vollmacht
können die Gutscheine dann von Dritten benutzt werden. Solidarische
EinkäuferInnen haben die Möglichkeit die Gutscheine mitsamt Vollmacht
von verschiedenen Umtauschstellen in der Stadt zu
beziehen; mit dem Bargeld kann dann der nächste Tausch mit den Betroffenen bestritten
werden. Genauere Infos wie antirassistisches Einkaufen konkret funktioniert sind
unter der Rubrik howto zu finden.
Darüberhinaus liegt unser Ziel natürlich in der Abschaffung des Wertgutscheinsystems.
Bis das erreicht ist, beteiligt Euch am Gutscheintausch!
Bargeld statt Gutscheine,
gleiche Rechte für alle, kein mensch ist illegal!
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Broschüre zum Gutscheintausch in Göttingen.
Faltblatt zum Gutscheintausch in Göttingen - nicht mehr in allen Punkten aktuell. >pdf (0,17 MB)
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Umtausch - Broschüre gegen Ausgrenzung und Entrechtung von Flüchtlingen.
Umfangreiche Broschüre zum Thema Gutscheine von der Umtauschinitiative Hildesheim,
März 2000
>pdf (3,5 MB)
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Anhörung zum Asylbewerberleistungsgesetz in Niedersachsen.
Ausgabe 2/2000 Heft 67 der Zeitschrift
des Niedersächsischen Flüchtlingsrates. Eine Dokumentation zu Gutschein- und
Chipkartensystemen, Leistungskürzungen, medizinischer Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen
>pdf (1,4 MB)
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Sozialleistungen für Flüchtlinge und MigrantInnen Grundlagen für die Praxis.
Sonderheft 106/107 - Februar 2005 der Zeitschrift
des Niedersächsischen Flüchtlingsrates. Unter welchen Voraussetzungen
erhalten Flüchtlinge und MigrantInnen in Deutschland Sozialleistungen? Dargestellt
werden u.a. die Ansprüche auf Grundsicherung für Arbeitssuchende sowie die
Bestimmungen für Sozialhilfe und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), das
den rechtlichen Hintergrund der Gutscheinpraxis darstellt.
>pdf (1,2 MB)
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Leitfaden des Flüchtlingsrats Niedersachsen
Überarbeitete Neufassung 02/2009 - Verständlich und zusammenhängend aufbereitete Darzustellung der
aufenthalts- und sozialrechtlichen Situation von Flüchtlingen.
>online-Version
oder
>pdf (1 MB)
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